PLA09-18, trip log, Around Spitsbergen

by Oceanwide Expeditions

Logbuch

Tag 1: Embarkation – Longyearbyen

Embarkation – Longyearbyen
Datum: 06.07.2018
Position: 078°14’N / 015°35’E
Wind: ONO 2
Wetter: Bewölkt
Lufttemperatur: +11

Heute hatten wir die Gelegenheit bei schönstem Wetter den kleinen Ort Longyearbyen zu erkunden. Die bunten Häuser wirkten freundlich, überall wurde gebaut und in der „Fußgängerzone“ herrschte Leben. Wir schlenderten durch die Straßen, manche fotografierten oder besuchten das Museum. Die wichtigsten Standbeine dieser hocharktischen Siedlung sind die Forschung und der Tourismus. Am Nachmittag machten wir uns zu Fuß auf zum Hafen, um an Bord der MV PLANCIUS zu gehen, die für die nächsten 10 Tage unser Zuhause sein würde. Das erste Abenteuer wartete bereits auf uns in Form einer Zodiacfahrt, denn das Schiff lag nicht am Pier sondern vor Anker. Nachdem wir unsere Feuertaufe überstanden hatten, versammelten wir uns in der Lounge zur Sicherheitseinweisung und Seenotrettungsübung. Nach der Theorie folgte die Praxis, das Alarmsignal ertönte und in unseren leuchtend orangefarbenen Schwimmwesten besichtigten wir die Rettungsboote. Gut zu wissen, dass die Schiffsmannschaft auf eventuelle Notsituationen gut vorbereitet ist. Nachdem der Anker gelichtet war, verlieβen wir den Hafen von Longyearbyen. Expeditionsleiter Beau Pruneau und Hotelmanager DJ Nicolic weihten uns in das Leben an Bord ein. Spater stieβen wir mit unserem russischen Kapitän Evgeny Levakov auf eine erfolgreiche Fahrt an und lernten das Expeditionsteam kennen. Danach gab es das erste Abendessen auf dem Schiff. Hier ergab sich die Gelegenheit, erste Kontakte zu unseren Mitreisenden zu knüpfen. Anschlieβend im Stiefelraum wurden wir mit robusten schwarzen Gummistiefeln ausgestattet. Nun waren wir bestens für die kommenden Abenteuer gerüstet. Später genossen wir ein paar ruhige Momente, drinnen oder auf den Außendecks, als wir aus dem Isfjorden (Eisfjord) hinaus und die Küste enlang nach Norden fuhren. Unglaublich war die nächtliche Helligkeit, selbst um Mitternacht strahlte noch die Sonne. Irgendwann fielen wir jedoch müde und voller Erwartungen auf die nächsten Tage ins Bett.

Tag 2: 14. Julibukta und Ny Ålesund

14. Julibukta und Ny Ålesund
Datum: 07.07.2018
Position: 079°02’N / 010°55’E
Wind: S 3
Wetter: Bedeckt
Lufttemperatur: +3

Unser erster Expeditionstag war angebrochen. Beau unser kanadischer Expeditionsleiter weckte uns um 7.00 Uhr mit einer freundlichen Morgendurchsage. Er meldete leicht bedeckten Himmel, aber ein Blick durch das Bullauge unserer Kabinen zeigte doch reichlich blau zwischen der Bewölkung. Voller Erwartung genossen wir das erste Frühstück an Bord, denn danach sollte unsere erste Ausfahrt mit den Zodiacs stattfinden. Vorher standen allerdings noch einige obligatorische Briefings auf dem Programm, um zu lernen wie man sich im Zodiac und an Land richtig verhält und Unfälle vermeidet. Danach ging es endlich los. Wunderbares Licht ließ den 14. Julibreen, den Gletscher vor dem wir geankert hatten in herrlichen Blautönen leuchten. Aber nicht der Gletscher selbst sollte unser Ziel sein, sondern die malerischen Felsen mit üppiger Vegetation, die die Bucht flankierten. Schon von Ferne sahen wir Bewegung an den Hängen, als wir uns näherten stellten wir fest, dass dort einige Rentiere ästen. Endemische Svalbard-Rentiere, die kleiner und gedrungener sind als ihre skandinavischen oder kanadischen Artgenossen. Bei ganz ruhiger See verweilten wir nahe der Tiere, um sie eine Weile zu beobachten. Aber es gab ja noch viel mehr zu entdecken. Vögel! Heute war wirklich ein Tag für Vogelfreunde. Zunächst entdeckten wir eine Eismöwe mit einem Küken auf einem einzelnen Felsen vor dem eigentlichen Vogelkliff. Zunächst schienen beide zu schlafen, aber dann muss dem Nachwuchs doch der Bauch geknurrt haben, denn das Küken stand auf und fing ganz offensichtlich an nach Futter zu betteln. Wir verließen Mutter mit Kind und sahen Dickschnabellum-men auf einem schmalen Felssims, auf dem sie tatsächlich brüten ohne dass ihre Eier herunter kullern. Gleich nebenan hatten sich entfernte Verwandte der Lummen breit gemacht, die Attraktion des Vormittags: Papageitaucher. Nur etwa 1% der Weltpopulation, ungefähr 10.000 Brutpaare dieser Art sind auf dem Svalbard Archipel zu finden und hier waren sie, die Clowns der Lüfte. Wir hatten wirklich Glück. Lange verweilten wir, ließen uns von den Wellen schaukeln und schauten den possierlichen Vögeln bei ihrem Treiben zu. Aber auch Dreizehenmöwen, Eiderenten, eine Nonnengans und sogar eine Elfenbeinmöwe sahen wir auf unserem Ausflug. Da wir auch Taucher mit an Bord haben, die vier der Zodiacs für ihre Tauchausflüge benötigen, wurde unsere Gruppe zweigeteilt. Sobald die Ersten wieder von der Ausfahrt zurückkamen, durften sich die nächsten auf den Weg machen. Die zweite Gruppe machte dann gleich die Erfahrung wie schnell das Wetter in Spitzbergen umschlagen kann. War die See zuerst ganz ruhig gewesen, kam nun immer stärkere Dünung auf und unser Guideteam hatte gut zu tun, um die schwarzen Gummiboote mit dem Außenborder auf Kurs zu halten. Dennoch bekam auch die zweite Gruppe die Rentiere und die fantastische Vogelwelt zu sehen. Denjenigen in Toms Zodiac wurde noch ein extra Expeditionserlebnis zuteil. Der Außenborder machte Probleme und ein zweites Boot musste Abschleppdienste leisten. Auch Beau kam gleich zu Hilfe und gemeinsam konnte der Motor wieder flott gemacht werden. Was für ein Abenteuer, doch es zeigte auch gleich, wie gut unsere Guides als Team zusammenarbeiten! Die nächste Schwierigkeit wurde durch unseren freundlichen Kapitän beseitigt. Es erwies sich nämlich, dass die Dünung an der Gangway etwa einen Meter erreicht hatte, welches die Rückkehr an Bord zu einem reichlich schwankenden Unternehmen werden ließ. Also hievte PLANCIUS die Anker und Kapitän Levakov positionierte unser Schiff so, dass wir in Lee sicher die Gangway erklimmen konnten. Vielen Dank Kapitän! Während unseres Mittagessens querte PLANCIUS den Fjord und am Nachmittag machten wir eine Anlandung in der Forschungssiedlung Ny Ålesund. Es war spannend die bunten Holzhäuser zu sehen in denen die Forscher aus aller Welt ganzjährig wohnen. Die Laboratorien konnten wir nicht besuchen, wohl aber den Shop in dem sich nette Mitbringsel finden ließen. Natürlich schrieben wir auch fleißig Postkarten, um sie vom nördlichsten Postamt der Welt zu verschicken. Michelle und Anke erzählten uns auf Englisch und Deutsch noch spannende Geschichten zu Roald Amundsen und seinen Abenteuern, denn hier steht noch der Mast, von dem aus das Luftschiff NORGE mit Nobile und Amundsen an Bord aufbrach, um den Nordpol zu überqueren. Wer mit offenen Augen durch die Siedlung ging konnte auch hier viele Vögel beobachten, u.a. Nonnengänse, die ihre noch ganz kleinen Jungen unter den Flügeln huderten. Zurück an Bord hatten wir vor dem Abendessen noch ein Recap. Beau informierte uns über die geplanten Aktivitäten des morgigen Tages und Ben erzählte von seinem Aufenthalt in Ny Ålesund. Als Meeresbiologiestudent hatte er achte Wochen in der Forschungssiedlung verbracht, um Felduntersuchungen zu machen. Er gab uns interessante Einblicke in das Alltagsleben der Forscher und die Schwierigkeiten mit denen sie gelegentlich zu kämpfen haben. Bei einem leckeren Abendessen und in fröhlicher Runde in der Observation Longe konnte dieser erste ereignisreiche Tag unserer Expedition in die hohe Arktis ausklingen.

Tag 3: Bockfjorden und Moffen

Bockfjorden und Moffen
Datum: 08.07.2018
Position: 79°37’N / 013°42’E
Wind: S 6
Wetter: Bewölkt
Lufttemperatur: +8

Nach einer sanft durchgeschaukelten Nacht weckte uns Beaus raue Stimme am gefühlt frühen Morgen. Voller Vorfreude bereiteten wir uns auf unseren ersten richtigen Landgang außerhalb befestigter Wege vor. Worlseyneset sollte es werden, doch schon bald wurde uns mitgeteilt, dass dies aufgrund von zu starkem Wind leider nicht möglich sei. Dies war also der Plan A von dem Beau am allerersten Tag unserer Reise gesprochen hatte. Nun war es Zeit für Plan B. Plan B war in dem Fall noch weiter im Fjordinneren. Ein kleiner Seitenarm mit dem tollen Name Bockfjorden. Und hier klappte es zum Glück mit dem Landgang. Umrahmt von altem roten Sandstein (Old Red) und metamorphem Grundgebirge hatten wir die Chance das schroffe Land ausgiebig zu erkunden. Am Strand konnten wir schon bald die ersten schwarzen Steine entdecken: Lava. Hier war also früher mal ein Vulkan. Und viele von uns hatten in der Tat auch das Glück den Vulkan aus der Ferne zu sehen. Ein schwarzer Kegel in der Ferne. Der Sverrefjellet. Doch damit nicht genug. Es gab noch mehr zu entdecken. Nicht nur die schönen Blümchen am Boden sondern auch die heißen Quellen Spitzbergens. Einige von uns bereuten bereits innerlich keine Badesachen mitgenommen zu haben, als sie von den heißen Quellen hörten, doch oben angekommen stellte sich eine gewisse Erleichterung ein. Die heißen Quellen waren eher heiße Pfützen und wir hatten ohne Badesachen nichts verpasst. So richtig heiß waren sie auch nicht. Gerade einmal drei oder vier Grad, aber in der Arktis gelten eben andere Maßstäbe. Beim Mittagessen stärkten wir uns für unseren nächsten Ausflug und diskutierten eifrig unser bevorstehendes Abenteuer an der Gletscherfront des Monaccobreen. Aber auch hier machte uns der Expeditionscharakter unserer Fahrt einen Strich durch die Rechnung. Der Wind war zu stark und es war nicht möglich mit den Zodiacs einen sicheren Ausflug zu gewährleisten. Also weiter mit Plan B. Mushamna sollte es werden. Eine kleine Bucht weiter nördlich. Kaum angekommen ließen die Guides die ersten Zodiacs zu Wasser und kletterten über die Gangway hinab in die Boote. Leichter gesagt als getan. Die Gangway schlug vor und zurück und die Zodiacs hüpften auf dem Wasser und schon kurz darauf entschied unser Expeditionsleiter Beau zusammen mit dem Kapitän Evgeny Levakov, dass eine sichere Landung nicht gewährleistet werden kann und wir machten uns auf dem Weg zu Plan C. Um uns die Wartezeit zu verkürzen hielten Michelle und Andreas Vorträge über die Blumen und die Geologie Spitzbergens und kurz nach Ende der Vorträge erreichten wir auch unser Zielgebiet für Plan C: die Insel Moffen. Eine kleine Insel im Norden von Spitzbergen auf dem 80. Breitengrad. Leider kann man dort nicht an Land gehen, aber vom Schiff aus lassen sich wunderbar die Walrosse beobachten, die dort faul in der Sonne liegen. Im Anschluss an unsere Tierbeobachtung lud uns DJ in der Lounge auf ein Glas Sekt ein, um unsere Überquerung des 80. Breitengrades gebührend zu feiern. Beim abendlichen Recap eröffnete Beau uns den Plan in den nächsten zwei Tagen noch weiter nördlich zu fahren, um das Packeis zu finden. Später erzählten uns Tom und Katja noch etwas über die Geologie des Bockfjorden und darüber wie es ist, dort im Winter auf Skiern unterwegs zu sein. Was für ein Tag. Am Abend mussten wir zum Einschlafen nicht einmal mehr Schäfchen zählen. Der Gedanke an Plan A, B, C, und so weiter genügte um uns alle sanft davon schlummern zu lassen.

Tag 4: Phippsøya und Packeis

Phippsøya und Packeis
Datum: 09.07.2018
Position: 080°40’N / 020°53’E
Wind: E 2
Wetter: Bewölkt
Lufttemperatur: +4

Am frühen Morgen erreichten wir die Inselgruppe der Sieben Inseln, Sjuøyane. Dies ist das nördlichste Stückchen Land in Europa, von hier aus sind es “nur noch” 1000 km bis zum Nordpol. Unser Plan war es, in Phippsøya an Land zu gehen, aber ein Eisbär unweit der Landestelle verhinderte dies. Stattdessen wurden geschwind mehrere Zodiacs zu Wasser gelassen und wir schauten uns den Bären vom Wasser aus an. Zunächst schlief er auf einem Schneefeld und hob nur ab und zu hob den Kopf, während unsere kleine Flotte in sicherer Entfernung auf dem Wasser dümpelte. Da alle Aufmerksamkeit auf den Bären gerichtet war, bemerkten wir erst spät die drei runzlig braunen Köpfe mit langen gelben Zähnen auf unserer Rechten. Drei Walrosse schwammen am Ufer entlang, prustend und schnaufend. Als wir mit der zweiten Gruppe zurückkehrten waren die Walrosse verschwunden, aber der Bär war inzwischen wach und fraß am Strand an einem angespülten Walkadaver. Ab und zu bekamen wir eine Nase voll von dem gut abgelagerten Fleisch. Dem Geruch und Aussehen nach zu urteilen, muss der Kadaver schon länger dort gelegen haben. Aber zu dieser Jahreszeit und besonders mit den diesjährigen Eisbedingungen dürfen Bären nicht wählerisch sein und müssen alles nehmen, was gerade kommt. Unser Bär war höchstwahrscheinlich ein junges Männchen. Nicht gerade unterernährt aber auch nicht gerade fett. Wenn er schlau ist, bleibt er in der Nähe des Kadavers und verbringt die nächsten Wochen mit Essen und Schlafen. Wieder zurück an Bord war es bald Zeit für das Mittagessen. Danach öffneten DJ und Gabor, den kleinen Schiffsladen und es gab Jacken, T-Shirts und Hosen mit PLANCIUS Aufdruck, genau wie Bücher, Kuscheltiere, Tassen und andere Andenken. Es herrschte reges Gedränge an der Rezeption. Inzwischen waren wir auf dem offenen Meer und die letzten Inseln der Sjuøyane lagen hinter uns, unser Ziel, die Packeisgrenze. Es war ein bisschen wie Weihnachten, man weiß nie was man bekommt und um die Zeit des Wartens abzukürzen gab es einige Vorträge. Michelle sprach über die Anpassung der Pflanzen an das harsche Klima Spitzbergens. Mit einer extrem kurzen Vegetationsperiode von nur 6-7 Wochen haben viele Pflanzen Tricks entwickelt Blüten und Samen in der kurzen Zeit zu produzieren oder sich vegetativ fortzupflanzen. Am späten Nachmittag erreichten wir das erste Treibeis und die Aufregung war spürbar. Alle waren an Deck und genossen die Sonne und den Blick aufs Eis. Die Schollen waren recht klein und das Eisfeld war nicht sehr ausgedehnt, 30 Minuten später schon hatten wir es hinter uns gelassen. Eine gute Gelegenheit etwas Wissen zu tanken: Von Anke hörten wir alles über Eisbären, wie sie leben, lieben und sich fortpflanzen. Danach war es Zeit für das tägliche Recap, wo Beau uns sagte, dass wir den nächsten Tag im Eis verbringen würden. Juhu! Adam sprach über Constantine John Phipps, den Namensgeber von Phippsøya, der 1773 als erster Europäer so weit in den Norden vorstieß. Dies wurde gefolgt von einem unterhaltsamen Quiz von Ben über Tierlosungen. Passenderweise ging es vom Walrosshaufen direkt zum Abendessen. Und während die PLANCIUS Köche Leckeres auftischten, zog draußen das Treibeis vorbei.

Tag 5: Packeis

Packeis
Datum: 10.07.2018
Position: 081°56’N / 021°39’E
Wind: S 3
Wetter: Bedeckt
Lufttemperatur: +3

Was für ein grandioser Morgen! Als wir von Beaus freundlicher Stimme aus dem Schlaf geholt wurden, hatte PLANCIUS bereits 81°55’N hinter sich gelassen, wir waren im Packeis, um genau zu sein im offenen Treibeis. Heute wollten wir auf Eisbärensuche gehen, dafür hatten wir den ganzen Tag geplant. Die Suche dauerte nicht lange, noch während des Frühstücks gab es „Eisbärenalarm“. Das Expeditionsteam, das bereits seit dem frühen Morgen auf der Brücke „Bärenwache“ hatte, hatte den ersten Meister Petz gesichtet. Wir ließen Kaffee, Kaffee sein und überließen das leckere Frühstücksbuffet sich selbst, um schnellstens in unsere warmen Sachen zu springen, die Kamera zu greifen und auf die Außendecks zu laufen. Dort standen schon einige unserer Guides, um uns die richtige Blickrichtung zu weisen. Der bedeckte Himmel machte die grandiosen Strukturen im Eis erst richtig sichtbar und vor der ungeheuren Kulissen einer bis an den Horizont reichenden Fläche aus dicht gepackten Eisschollen spazierte ein Eisbär direkt vor PLANCIUS quer über das Eis. Die Kameraauslöser klickten im Stakkato! Wir konnten unser Glück kaum fassen! Was wir noch nicht wussten, dies war erst der Beginn eines unvergesslichen Tages an dem uns nicht weniger als fünf Eisbären begegnen sollten. Nummer zwei lag friedlich schlafend ganz in der Nähe des ersten Bären und als dieser sich über das Eis getrollt hatte, manövrierte unser Kapitän uns souverän in die Nähe des anderen Bären. Eine ganze Weile schien er keine Notiz von uns zu nehmen. Ab und zu hob er den Kopf, um die ungewohnte Witterung aufzunehmen, nur um ihn dann gleich wieder auf seinen dicken, pelzigen Vorderpranken abzulegen. Schließlich bequemte er sich doch aufzustehen und wieder klickten die Auslöser der Kameras unaufhörlich als er uns seine Breitseite präsentierte. Diesen beiden folgten noch zwei weitere Bären, einer davon lief ähnlich wie seine Vorgänger in etwa 200 Meter Entfernung vor dem Bug unseres Schiffes herum. Mit unserem Geruch konnte aber auch er nichts anfangen und zog es vor, diesem dicken, großen Kasten im Wasser aus dem Weg zu gehen. Der andere Bär verschwand gleich ganz im Nebel. Danach tat sich eine Weile nichts mehr und wir gaben uns dem Gefühl der grenzenlosen Weite hin und genossen die einmalige Stimmung im Eis. Am Nachmittag sollten zwei Geschichtsvorträge auf Englisch und Deutsch uns in die Welt der Polarentdecker eintauchen lassen. Aber wieder warf ein Bär die ganze Planung über den Haufen und diese Begegnung sollte zum Höhepunkt des Tages, wenn nicht der ganzen Reise werden! Eigentlich hatte der Kapitän bereits vorgesehen aus dem Eis herauszufahren und wieder auf südlichen Kurs zu gehen als ein riesiger Bär aus dem Nichts auftauchte und er war mehr als neugierig auf dieses große Ungetüm, mit dem wir unterwegs waren. Immer näher kam er dem Schiff, bis er sich schließlich 1,5 Meter neben dem Bug niederließ und uns deutlich zeigte, dass dies sein Zuhause sei. Irgendwann erhob er sich wieder und schaute sich PLANCIUS von der anderen Seite an, kehrte wieder um und lief an der Steuerbordseite entlang, immer in allernächster Nähe. Wir konnten nicht fassen, was wir da gerade erlebten. Faszination und Emotion pur! Ein Erlebnis, das wir unser ganzes Leben nicht mehr vergessen werden!! Worte und Bilder können nur einen Bruchteil davon wiedergeben was wir in diesem Moment tief in unserem Innern gefühlt haben. Den restlichen Nachmittag und Abend besprachen wir was wir erlebt hatten und betrachteten immer wieder unsere Fotos, in dem Versuch unser ungeheures Glück zu begreifen.

Tag 6: Alkefjellet und Torellneset

Alkefjellet und Torellneset
Datum: 11.07.2018
Position: 079°38’N / 018°28’E
Wind: Leicht
Wetter: Klar
Lufttemperatur: +7

Am Morgen waren wir zurück am „festen Land“. Von Meereis keine Spur mehr, dafür umso mehr Gletschereis. Von allen Seiten. Die PLANCIUS hatte über Nacht die Hinlopen Straße erreicht und wir befanden uns weiterhin auf einem südlichen Kurs. Mitten hindurch durch die schönste und eindrucksvollste Landschaft. Massive steil ins Meer fallende Klippen magmatischen Gesteins, bedeckt mit einer mächtigen Eiskappe. Was für ein Anblick. Doch es kam noch besser: Vögel, jede Menge Vögel. Wie ein Mückenschwarm an einem lauen Sommerabend. Zehntausende, überall in der Luft. Und zu unser allgemeinen Begeisterung luden unsere Guides uns auf eine Zodiac Cruise an den Klippen entlang ein. Vorbei an mächtigen Wasserfällen die tonnenweise Gletscherschmelzwasser ins Meer transportieren, hin zu den kantigen Brutplätzen der Dickschnabellumen. Ein prachtvoller Anblick, wie die Tiere dicht gedrängt auf den Felsen hocken und sich die Sonne auf den Rücken scheinen lassen. Immer wieder rauschen die Vögel über unsere Köpfe hinweg und der ein oder andere „glückliche“ Passagier bekommt von den Dickschnabellumen auch ein ganz besonderes Geschenk. Fast meint man unter dem Geschrei der Lumen eine Art Lachen herauszuhören. Nach dem Mittagessen gab es ein weiteres Highlight: Eine Anlandung auf Torellneset. Eine kleine Landzunge von Nordauslandet, der zweitgrößten Insel des Spitzbergen Archipels. Ein Land, welches von zwei riesigen Eiskappen geprägt ist: Der Vestfonna und der Austfonna (zu Deutsch die östliche und die westliche Eiskappe) dominieren einen großen Teil des Landes. Und die Gegenden, die nicht von Eis bedeckt sind gleichen einer Wüste. Auf dem ersten Blick scheint es in dieser Kältewüste nicht viel Leben zu geben, doch bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass es hier von Leben geradezu wimmelt. Über 100 Walrosse liegen faul am Strand und recken ihre Bäuche und Rücken in die Sonne. Was für ein Leben: Den ganzen Tag faul am Strand in der Sonne liegen und nur zwischendurch mal „aufstehen“ um zu fressen oder zu schwimmen. Für den ein oder anderen klingt das schon fast paradiesisch. Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass alle wie gebannt auf die Walrosse starrten und kaum bemerkten wie hinter ihnen der Polarfuchs vorbeischlich. Ein weiterer hungriger Fuchs, unterwegs in der Hoffnung eine der Nonnengänse zu erwischen, die ebenfalls auf Torellneset unterwegs waren. Ein toller Tag, voller fantastischer Tiersichtungen.

Tag 7: Seetag

Seetag
Datum: 12.07.2018
Position: 078°13’N / 021°35’E
Wind: SW 8
Wetter: Bedeckt
Lufttemperatur: +6

Über Nacht waren wir in der Hinlopenstraße weiter nach Süden gefahren. Heute würden wir auf den Inseln Barentsøya und Edgeøya anlanden. Das dachten wir, aber wir hatten eindeutig in den vergangenen Tagen das gute Wetter aufgebraucht. Am Morgen blies es mit 40 Knoten genau in unsere geplante Landestelle Kapp Waldburg. Da war nichts zu machen und so fuhren wir weiter durch den Freeman Sund in der Hoffnung irgendwo eine geschützte Stelle zum Anlanden zu finden. Dem war aber nicht so. Bei Sunsneset wurden durchs Fernglas zwei Bären hoch an den Hängen gesichtet. Kapitän Levakov erklärte sich bereit, den Anker zu werfen, so dass wir sie eine Weile beobachten konnten. Durchs Fernrohr war zu erkennen, dass einer der Bären ein Weibchen mit einem Radiosender-Halsband war. Sie kletterte vor und zurück am Hang, immer mit der Nase am Boden. Was suchte sie nur? Der zweite Bär war noch höher am Hang, doch leider krochen die Wolken tiefer und er verschwand im Nebel. Wir warteten noch eine Weile, lichteten jedoch dann den Anker und fuhren weiter durch den Freeman Sund zwischen Barentsøya und Edgeøya. Für Information und Unterhaltung sorgte Adam mit seinem Vortrag über den weitgehend unbekannten britischen Arktisforscher Leigh Smith. Er leitete fünf Arktis Expeditionen nach Spitzbergen und Franz-Josef-Land und gab vielen Inseln und Orten, die er kartographierte, ihre Namen. Nach dem Mittagessen begann es etwas zu schaukeln, denn nun waren wir in den Storfjord hineingefahren, der weiter und offener ist. Katja hielt einen Vortrag über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Arktis. Sie zeigte wieviel Meereis in den vergangenen Jahren ver-schwunden ist und dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die Arktis im Sommer eisfrei sein wird. Das Wetter hatte inzwischen aufgeklart, die Sonne schien und Eissturmvögel umkreisten das Schiff. Die Fotografen hatten gute Gelegenheiten sie im Flug zu erwischen. In der Ferne waren die schneebedeckten Berge von Spitzbergens Ostküste zu sehen und Linsenwolken zeugten von starkem Wind auch hoch in der Atmosphäre. Bei einem etwas länger als üblichem Recap hörten wir mehr über die Geologie von Alkefjellet, die Dreizehenmöven, Polarfüchse und den deutschen Trapper Ewald Schmutzler, der insgesamt 18 mal auf Spitzbergen überwinterte. Der Abend war sonnig mit dramatischen Wolken und manche genossen ihn in der Bar oder mit dem Fotoapparat auf Deck.

Tag 8: Burgerbukta und Gåshamna

Burgerbukta und Gåshamna
Datum: 13.07.2018
Position: 077°02’N / 015°59’E
Wind: S 3
Wetter: Bedeckt
Lufttemperatur: +5

Nach einer „durchschaukelten“ Nacht waren wir voller Tatendrang als uns Beau heute Morgen freundlich weckte. Der erste Blick durchs Bullauge war leider nicht wirklich vielversprechend, aber hier auf Spitzbergen kann sich das Wetter ja bekanntlich recht schnell ändern ... Und wirklich, als um 8.45 Uhr die Zodiacs an die Gangway kamen, um uns zu einer Tour in die Burgerbukta einzuladen, schien zwar keine Sonne vom blauen Himmel, aber sie zwängte sich immer wieder durch die Wolken und schuf bezaubernde Lichterstimmungen auf dem Gletscher und den Eisbergen, die in fantastischen Blautönen schimmerten. Überhaupt machte es der bewölkte Himmel erst möglich, dass wir die Farben und Strukturen so klar erkennen konnten. Von allen Seiten umrundeten wir die schwimmenden Eissklupturen, die kein Künstler schöner hätte schaffen können, als die Natur. Auch das Wolkenspiel auf der anderen Seite des Fjordes begeisterte uns. Ben melde plötzlich über Funk, dass er Belugas entdeckt hatte. Natürlich versuchten wir den Walen zu folgen und einen Blick auf sie zu erhaschen, aber viel mehr als den ganz kurzen Anblick eines hellen Rückens im Wasser bekamen die meisten von uns nicht zu sehen. Ein bisschen mehr Glück hatte die zweite Gruppe, die auf „Eisfahrt“ ging. Eine Ringelrobbe war vor dem Gletscher aufgetaucht und streckte wiederholt neugierig ihren Kopf aus dem Wasser. Sie schien interessiert zu sein, wer da um ihre Eisschollen herum kreuzte. Zweimal konnten wir auch das Kalben das Gletschers beobachten. Mit Donnergetöse brachen riesige Stücke aus der Gletscherfront und erzeugten dabei eine ordentliche Welle. Großartig dieses Schauspiel live erleben zu dürfen. Zurück an Bord gab es Kakao mit Rum zum Aufwärmen und nach dem Mittagessen durften wir in der malerischen Bucht Gåshamna die Beine in Gang bringen. Unser Expeditionsteam hatte uns drei verschiedene Wanderungen angeboten. Die „Bergziegen“ stiegen mit Beau und Adam auf den Gipfel, der die Bucht überragte. Von dort oben bot sich ein sensationeller Ausblick über den ganzen Fjord. Die mittlere Gruppe war mit Michelle, Katja, Anke und Andreas auf Wanderschaft gegangen und erlebte die malerische Felslandschaft entlang der Küste, dabei lernten wir allerhand über die frühen Walfangzeiten, die Geologie, Trapperleben, Pomoren und Rentiere. Ein weibliches Tier lief tatsächlich ganz nahe an uns vorbei. Wie herrlich war es auch, sich einfach auf den Felsen über den anbrandenden Wellen niederzulassen und fünf Minuten nichts zu tun als der Natur zu lauschen. – Arktische Stille ... Wieder auf dem Schiff hatten wir gerade Zeit uns umzuziehen, um unserem täglichen Recap zu lauschen, diesmal unter Mitwirkung unserer Taucher. Sie erklärten uns, was man alles für Gerätschaften benötigt, um Kaltwassertauchgänge zu machen. Johan, der schwedische Tauchguide kam sogar in luftgefülltem Tauchanzug und verschaffte uns einen Eindruck davon, wie ein Kaltwassertaucher an Land aussieht. Etwa wie ein Michelin-Männchen nur in schwarz ... Nicht wenig beeindruckt waren wir von der Unterwasserwelt hier im hohen Norden, die uns die Gruppe in herrlichen Bildern vorstellte. Anschließend war es Zeit für ein BBQ. Wir versammelten uns auf dem Zodiac-Deck, wo die Crew ein kleines Buffet aufgebaut hatte und Gegrilltes anbot, dazu gab es Glühwein, Bier, Wein oder Softdrinks und peppige Musik. Ein runder Abschluss für einen wunderbaren Tag in der Arktis.

Tag 9: Bamsebu und Ingeborgfjellet

Bamsebu und Ingeborgfjellet
Datum: 14.07.2018
Position: 077°33’N / 015°04’E
Wind: O 2
Wetter: Bedeckt
Lufttemperatur: +5

Neuer Tag, neuer Landgang. Das ist doch immer der Plan. So auch an diesem Tag. Mit einer Besonderheit: Für den heutigen Tag war eine sogenannte „Parameter“- Landung angesetzt. Ein großes Gehege, abgezäunt von Guides mit Gewehren in denen die Gäste „ausgewildert“ werden und nach eigenem Gutdünken umherwandern können. Und das in diesem Fall an einer ganz besonderen Landestelle: Kapp Toscana. Der Name war allerdings nicht Programm. Denn warm und sonnig war es nicht. Eher kalt, etwas nebelig und leichter Nieselregen hat unserer Landestelle die passende Atmosphäre verliehen. Kaum waren wir angelandet, bot sich uns auch schon ein düsteres Bild: Bergeweise ausgebleichte Knochen. Überbleibsel aus der letzten Walfangperiode. In den 1930er Jahren wurden hier die Weißwale (Belugas) gejagt. Mit großen Netzen fuhren die Walfänger hinaus in den Fjord, fingen die Wale ein und schleppten sie in die Bucht. Dort angekommen wurden sie mit Seilen an Land gezogen und zerlegt. Von dieser industriellen Verarbeitung zeugen noch immer die Pfähle, mit denen die Wale an Land gezogen werden. Und natürlich die eindrücklichste Hinterlassenschaft: Haufenweise Beluga Knochen. Wozu Menschen doch in der Lage sind. Nach dem wir dieses Schlachtfeld näher bestaunt hatten, konnten wir auch noch einen näheren Blick auf die Hütte werfen, in denen die Walfänger lebten. Sie hatte den treffenden Namen „Bamsebu“, wobei wohl erwähnt werden sollte, dass „Bamse“ das norwegische Wort für Teddybär ist. Warum genau das Haus der Walschlachterei so benannt wurde, ist nicht überliefert und der Fantasie eines jeden Einzelnen überlassen. Nach dieser etwas nachdenklich stimmenden Vormittagsanlandung, gab es wieder einmal ein hervorragendes und deutlich erfreulicheres Mittagessen. Aber anscheinend hatten wir am Abend zuvor nicht aufgegessen, denn um unser Schiff herum wurde der Nebel immer dichter und dichter. So dicht, dass er am Ende undurchsichtig war, wie die Erbsensuppe, die jeden Samstag auf holländischen Schiffen serviert wird. Kein Wunder also, dass das Expeditionsteam die geplante Nachmittagslandung bei der Krabbentaucher Kolonie am Ingeborgfjellet absagen musste. Die Gefahr bei zwei Metern Sichtweite in einen Eisbären zu laufen, war einfach zu groß. Schade. Stattdessen ging es weiter nördlich Richtung Longyearbyen und der Nachmittag war angefüllt mit Gesprächen und jeder Menge letzter Dinge. DJ bat uns alle noch einmal zur Kasse, die Guides sammelten unsere liebgewordenen Gummistiefel wieder ein, auch wenn einige sie gerne mit nach Hause genommen hätten. Schade. Der Abend war dann angefüllt mit unserem Captains Cocktail bei der wir noch einmal auf die gelungene Reise anstoßen konnten und die Gelegenheit hatten, uns von unserem Expeditionsteam zu verabschieden. Nach dem letzten Abendessen hatten wir dann auch endlich die Gelegenheit den Rest der Hotel Crew kennenzulernen. Endlich wussten wir, wer unsere Kabinen geputzt, die Teller und unsere Wäsche gewaschen hat und konnten ihnen einen gebührenden Applaus zukommen lassen. Vielen Dank für die schöne Reise, für eure Flexibilität und euren Enthusiasmus. Wir würden uns freuen, euch zukünftig wieder an Bord begrüßen zu dürfen – wo auch immer das sein mag! Zurückgelegte Strecke auf unserer Reise: Nautische Meilen: 1201,88 nm Kilometer: 2163 km Im Namen der gesamten Besatzung bedanken wir uns für die gemeinsame Reise und wünschen eine gute Heimreise.

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