OTL04-18, logbuch, Nordspitzbergen: Eisbären-Special

by Oceanwide Expeditions

Logboek

Tag 1: Longyearbyen

Longyearbyen
Datum: 05.06.2018
Positie: 78°14.0‘N, 015°37.4‘E
Wind: NW 2
Weer: bedeckt
Luchttemperatuur: +5

Kurs Nord! Als wir am Pier in Longyearbyen ankamen, erwartete uns das Expeditionsteam der Ortelius bereits – mit Schwimmwesten. Die Ortelius lag in der Bucht vor Anker, und so lernten wir gleich, wie man die Schwimmwesten richtig anlegt und sicher ins Schlauchboot einsteigt. An Bord angekommen, nahm uns das Hotelteam um Hotelmanager Sebastian und seine Assistentin Lilian in Empfang. Unser großes Gepäck hatte bereits den Weg in unsere Kabinen gefunden, und so nutzten wir die Zeit, um den Weg auf die Außendecks oder in die Bar zur Kaffeemaschine und zur Teestation zu erkunden. Wenig später kamen wir im Vortragsraum zusammen, wo uns der Assistierende Expeditionsleiter Matthias mit dem täglichen Ablauf an Bord vertraut machte. Anschließend erfuhren wir vom Dritten Offizier Igor Wichtiges zum Thema Sicherheit an Bord; unsere neu gewonnenen Kenntnisse durften wir anschließend bei der Rettungsübung in die Praxis umsetzen, als wir uns mitsamt unseren orangefarbenen Notfall-Rettungswesten in der Bar versammelten und schließlich einen Blick in die Rettungsboote warfen. Danach lernten wir das achtköpfige Expeditionsteam kennen und stießen mit Kapitän Mika Appel auf eine erfolgreiche Reise an. Nach so viel Action kam uns das Abendessen gerade recht, um die Energiereserven wieder aufzufüllen, während Ortelius aus dem Isfjorden hinausfuhr und Kurs nach Norden nahm.

Tag 2: Krossfjord: Tinayrebukta

Krossfjord: Tinayrebukta
Datum: 06.06.2018
Positie: 79°14.5‘N, 009°31.6‘E
Wind: S 4
Weer: wolkig
Luchttemperatuur: +4

Sonnenschein und Wind begrüßten uns am Morgen an der Westküste Spitzbergens. Dem Frühstück folgte ein verpflichtender Vortrag, bei dem wir die wichtigsten Informationen über die Fahrten mit den Schlauchbooten (Zodiacs), über Verhaltensregeln an Land und zum Thema Eisbären-Sicherheit erhielten. Danach war Zeit, den Sonnenschein und das herrliche Panorama zu genießen. Expeditionsleiter Rinie und Kapitän Mika hatten angesichts des starken Nordwinds und der unruhigen See bereits einen Alternativplan geschmiedet: Ortelius war in den Krossfjord abgebogen, wo wir hofften, in der geschützten Tinayrebukta einen guten Platz für einen Landgang vorzufinden. Die Ausgabe der Gummistiefel, die für die Anlandung mit dem Schlauchboot ein Muss sind, erfolgte noch vor dem Mittagessen. Somit waren wir perfekt gerüstet für unseren ersten Ausflug. Die Schlauchboote brachten uns an Land, und wir teilten uns in zwei Gruppen auf: eine Gruppe für eine ausgiebige Wanderung und eine zweite Gruppe für einen moderaten, gemütlichen Spaziergang. Die Wanderung bot atemberaubende Ausblicke auf die umliegende Landschaft mit schneebedeckten Bergen, steilen Klippen, tief eingeschnittenen Fjorden und breiten Gletschern. In der Tundra zeigten sich die ersten Blüten des Roten Steinbrechs, und vorwitzige Schneeammern posierten geduldig für Fotos. Dass Rentiere den Platz lieben, fand nicht nur die Wandergruppe heraus, die einigen Tieren begegnete; auch für alle anderen war das angesichts der zahlreichen Hinterlassenschaften eindeutig. Zudem entdeckten wir an verschiedenen Stellen Tatzenabdrücke von Eisbären. Im Tagesrückblick (Recap) berichtete Sandra über den Namensgeber unseres Schiffes, Abraham Ortelius, und Karin verschaffte uns einen kleinen Einblick in die Pflanzenwelt Spitzbergens. Der Tag klang mit tollem, sonnigem Wetter aus, und wir genossen nach dem Abendessen auf den Außendecks den Ausblick auf die Nordwestküste Spitzbergens im Abendlicht.

Tag 3: Nordaustlandet: Wahlenbergfjorden

Nordaustlandet: Wahlenbergfjorden
Datum: 07.06.2018
Positie: 79°50.6‘N, 017°57.3‘E
Wind: NW 8
Weer: bedeckt
Luchttemperatuur: 0

Nach einer etwas schaukeligen Nacht erwachten wir in der Hinlopenstraße und stellten fest: Wir sind wirklich in der Arktis! Starker Wind und leichter Schneefall schufen eine abenteuerliche Stimmung. Viele von uns waren froh, als wir in den Wahlenbergfjord abgebogen sind; dort gab es Treibeis und relative Ruhe – das Schaukeln verebbte, wenngleich der Wind nach wie vor stark war. Wir bewunderten das dicht gepackte Eis, ein Labyrinth an Schollen und Bergen. Entlang der Eiskante fanden wir unsere ersten Dickschnabellummen, die „Pinguine des Nordens“. Die schwarzweißen Vögel wirken in der Luft ungeschickt, sind aber unglaublich gute „Unterwasser-Flieger“ und exzellente Fischer: Sie nutzen ihre Flügel, um sich tauchend fortzubewegen. Auf dem Eis fanden sich zahlreiche Eisbären-Spuren – aber leider keinen Bären. Wir fuhren tiefer in den Fjord hinein, bis zum Festeis. Darauf lagen viele Ringelrobben, und irgendwo gab es bestimmt auch einen satten, glücklichen Bären, der sich bei diesem starken Wind hingelegt hatte und für uns nicht sichtbar war. Hätte er sich mal ein Beispiel an uns genommen – viele von uns verbrachten die Zeit trotz des Windes auf den Außendecks, um die magische Stimmung zu genießen und ausgiebig zu foto-grafieren. Die ganz Mutigen suchten sich sogar extra den zugigsten Platz, um den arktischen Sommer bis in die Knochen zu spüren. Am Nachmittag erfuhren wir von Miriam, was so alles im Meereis lebt. Währenddessen hatten wir wieder die Hinlopenstraße erreicht, in der es nach wie vor nachdrücklich wehte und schaukelte. Es war eine Erleichterung, als wir am Abend in der Vibebukta ein klein wenig Schutz vor der Dünung fanden. Hier verbrachten wir die Nacht direkt am Eis – mit Blick auf den Abbruch des Austfonna und voller Hoffnung, dass sich vielleicht im Laufe der nächsten Stunden in Schiffsnähe Leben auf dem Eis einstellen möge …

Tag 4: Südliche Hinlopenstraße: Bråsvellbreen & Hochstetterbreen

Südliche Hinlopenstraße: Bråsvellbreen & Hochstetterbreen
Datum: 08.06.2018
Positie: 79°18.3‘N, 022°36.0‘E
Wind: NW 6
Weer: bedeckt
Luchttemperatuur: 0

Bei etwas diesigem Morgenlicht fanden sich in der Viktebukta auf dem ruhigen Eis ums Schiff keine Spuren oder Sichtungen von Bären. Der starke Wind in der Nacht hatte das vorher nahe Meereis südostwärts verschoben; die größte Eisausdehnung befand sich nun gut zwei Fahrstunden südöstlich vom Bråsvellbreen. Als wir die Eiskante erreicht hatten, mussten wir erkennen, dass das Eis durchsetzt war mit kleineren Eisbergen, die der Ortelius keine Durchfahrt erlaubten. (Die Eiskarte zeigt keinen Unterschied zwischen Meer- und Gletschereis.) Südwärts der Eiskante folgend wurde unsere Geduld auf eine weitere Probe gestellt: Wäre ein Eisbär aufgetaucht, hätten wir uns ihm wegen des Gletschereises kaum nähern können. Rinie entschied bald, Richtung Bjørnsundet zu fahren – nomen est omen? Am späteren Nachmittag erhielten die an der Fotografie interessierten Gäste bei Sandras Vortrag neue Anregungen und nützliche Tipps. Zuvor zeigte sich neben vielen Dickschnabellummen ein Walross in voller Anmut auf einer gebrochenen Eisfläche. Schon bei der südlichen Zufahrt zur Wilhelmøya fand sich wieder erst treibendes, später auch festeres Eis. Die Bärensuche wurde beim Hochstetterbreen endlich belohnt: Innerhalb kurzer Zeit zeigten sich zwei Bären in gut 4 km Distanz. Der Kapitän zwängte die Ortelius ein Stück ins Eis, und Rinie entschied, dass wir die Nacht hier verbringen, um den Bären die Chance zu geben, sich der Ortelius zu nähern. Erst einer, dann beide Bären bewegten sich langsam vor der Gletscherfront. Auch nach dem Abendessen verfolgten viele Augenpaare die Bären, die sich bald hinlegten und nicht länger aktiv waren. Also taten wir es ihnen gleich – im Wissen, nichts zu verpassen, denn das Expeditionsteam würde während der gesamten Nacht abwechselnd die bärigen Aktivitäten überwachen und uns wecken, falls sich etwas tat.

Tag 5: Südliche Hinlopenstraße: Bjørnsundet

Südliche Hinlopenstraße: Bjørnsundet
Datum: 09.06.2018
Positie: 78°55.2‘N, 020°33.2‘E
Wind: NW 2
Weer: bedeckt
Luchttemperatuur: +5

Ohne Eisbär die Nacht verschreitet, morgens früh der Weckruf läutet. Wir cruisen in den Bjørnesund mit spiegelglatten Wellen rund. Dickschnabellummen, Walrosse und Robben hier und da, und ein Eisbär in der Ferne – wie wunderbar! Der Moltkengletscher und das Meereis rundum laden zum Zodiaccruise ein; das klingt nicht dumm. Wir sagen der Ortelius schnell ade und sausen über die spiegelglatte See. Ab und an lässt sich eine Bartrobbe blicken – das lässt die Kamerataste mehrmals ticken. Zurück an Bord eine Überraschung da, das ist ein Muss Hotel lädt ein zu heißer Schoki mit ordentlich Schuss. Wilhelmøya und fantastische Landschaft zieht an uns vorbei, wir cruisen gen Norden und denken „Goodbye“. Doch plötzlich! Stopp! Und siehe da: der König der Arktis beim Abendmahl. Miriam Marquardt

Tag 6: Hinlopenstraße: Alkefjellet

Hinlopenstraße: Alkefjellet
Datum: 10.06.2018
Positie: 79°32.9‘N, 017°41.3‘E
Wind: SE 4
Weer: bedeckt
Luchttemperatuur: +3

Da wir in der Nacht außerplanmäßig in der Faksevågen-Bucht geankert hatten, fiel unser Blick am Morgen auf bunte, wunderschön gebänderte und fast senkrecht stehende Gesteinsformationen. Wenig später waren wir auf dem Weg zum Alkefjellet, einem Vogelfelsen aus Dolerit, auf dem bis zu 150.000 Vögel brüten. Als wir bei welliger See mit den Schlauchbooten direkt vor dem Kliff entlangfuhren, wurde uns dessen Größe erst richtig bewusst. Der Klang (und der Geruch) tausender Vögel in der Kolonie war einzigartig, der Anblick absolut spektakulär. Neben den Dickschnabellummen gab es auch einige Möwenarten zu bestaunen, die jede Gelegenheit nutzten, um Unruhe zu stiften und nach Möglichkeit so an ihre Mahlzeit zu gelangen. Im weniger steilen Teil der Kolonie sichteten wir Polarfüchse mit unterschiedlicher Fellfärbung (und fotografierten sie ausgiebig). Da wir in zwei Gruppen den Vogelfelsen erkundeten, bot Rinie in der Zwischenzeit für die jeweils auf dem Schiff Verbliebenen einen ausgiebigen Rückblick auf den gestrigen Tag mit Schwerpunkt auf dem Jagdverhalten von Eisbären an. Während Ortelius auf ihrem langen Weg zur Nordwestecke Spitzbergens Seemeile um Seemeile vorwärtsstrebte, gab es am Nachmittag einen weiteren sehr spannenden Vortrag von Rinie über die Fortpflanzung von Eisbären, die Eisbärenjungen und deren erste Lebensjahre. In der Tageszusammenfassung berichteten Matthias über die Dickschnabellumme und Miriam über das Plankton, bevor Rinie die Pläne für den morgigen Tag verkündete. Anschließend wurde im Restaurant ein üppiges BBQ aufgefahren – guten Appetit!

Tag 7: Forlandsundet & Poolepynten

Forlandsundet & Poolepynten
Datum: 11.06.2018
Positie: 78°11.4‘N, 010°56.1‘E
Wind: N 3
Weer: bedeckt
Luchttemperatuur: +5

Am Morgen eilte Ortelius an der Westküste entlang nach Süden. Nach dem Frühstück fanden wir uns am südlichen Ende von Prins Karls Forland wieder und bogen in den Isfjord ein. Während wir an der Rezeption einer nach dem anderen unsere Schiffsrechnungen beglichen, hielten von der Brücke und den Außendecks aus viele Augen Ausschau in alle Richtungen. Die Bedingungen hätten nicht besser sein können: Die See war beinah spiegelglatt, es war fast windstill, die Sicht sensationell – ideales Wetter, um Wale zu entdecken! Kurz vor Mittag wurden wir dann tatsächlich fündig: Ein Blauwal tauchte auf und wieder ab, kam vor dem Hintergrund der schneebedeckten Berge zurück zur Oberfläche und präsentierte beim erneuten Abtauchen sogar seine Fluke. Das großartige Schauspiel dauerte eine ganze Weile, und die Brücke manövrierte Ortelius behutsam näher, sodass wir beste Sicht hatten und beeindruckende Fotos machen konnten. Anschließend fuhren wir in den Forlandsund ein, um zu einem Platz namens Poolepynten zu gelangen. Dort sind häufig Walrosse „zu Hause“, die sich am flachen Sandstrand ausruhen. Wir hatten immenses Glück sowohl mit dem Wetter – strahlender Sonnenschein, der die fantastische Berg- und Gletscherlandschaft um uns herum erst so richtig zur Geltung brachte – und Walrosse sowohl an Land als auch im Wasser. Letztere beäugten uns neugierig aus wenigen Metern Entfernung, ehe sie wieder ihrer Planscherei nachgingen – ein Fest nicht nur für die Fotografen. Zurück an Bord war es bald Zeit, mit dem Kapitän und dem Expeditionsteam auf eine gelungene Reise voller einzigartiger Momente anzustoßen. Nach dem Abendessen, bei dem wir das gesamte Küchen- und Hotelteam kennenlernten, gaben wir mit etwas Wehmut unsere Gummistiefel und die Zodiac-Rettungswesten zurück. Anschließend genossen wir die Fahrt gen Longyearbyen im abendlichen Sonnenschein.

Tag 8: Longyearbyen

Longyearbyen
Datum: 12.06.2018
Positie: 78°13.8‘N, 015°36.2‘E

Ein letztes Mal hörten wir Rinies Weckruf, und bevor wir zu unserem letzten Frühstück an Bord gingen, stellten wir unsere großen Gepäckstücke in den Flur. Während wir speisten, reihte das Team der Ortelius unsere Koffer und Taschen am Pier auf. Und dann war es Zeit, Abschied zu nehmen – vom Schiff, von der Crew, von unseren neuen Freunden. Manche von uns blieben noch ein bisschen in Longyearbyen, andere machten sich am Nachmittag schon auf den Heimweg – mit jeder Menge Abenteuer im Gepäck, reicher um unvergessliche arktische Momente und eine Vielzahl an Fotos. Auf ein Wiedersehen! Herzlichen Dank, dass Ihr bei diesem arktischen Abenteuer dabei wart; danke für Euren Humor, Eure Flexibilität und Euren Enthusiasmus! Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder – in den Polarregionen oder irgendwo zwischendrin. Auf dieser Reise zurückgelegte Strecke: 1007 Seemeilen Im Namen von Oceanwide Expeditions, Kapitän Mika Appel, Expeditionsleiter Rinie van Meurs, Hotelmanager Sebastian Duma und der gesamten Crew: Es war uns eine Freude, mit Euch unterwegs zu sein.

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